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Stadt mit einer bewegten Fußballgeschichte

Vor ein paar Tagen fand das 106. Leipziger Stadtderby in der Regionalliga Nordost statt, die BSG Chemie konnte mit 2:1 gegen den 1. FC Lokomotive gewinnen. Das Aufeinandertreffen dieser beiden Kontrahenten stellt mit 106 Begegnungen eines der am häufigsten ausgetragenen Derbys in Deutschland dar. Doch nicht nur das Leipziger Stadtderby pflegt eine lange Fußballhistorie.

Die sächsische Stadt spielte im Allgemeinen bei der Entwicklung des Fußballsports in Deutschland eine herausragende Rolle. Ein großes Leipziger Restaurant in Bahnhofsnähe wurde am 28. Januar 1900 Schaustätte einer „Geburt“, die sich nach offiziellen Angaben von 10:40 bis 17:05 Uhr zog. Es war die Geburt des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) im Leipziger Mariengarten. Nachdem die Jahre zuvor die Gründung eines allgemeinen deutschen Fußballbundes aus den verschiedensten Gründen scheiterte, war es das deutsche Sportfest Leipzig am 30. Juli, welches den Anstoß zu einem Zusammenschluss der Fußballvereine und Verbände lieferte. Auf Bestrebung mehrere Vereinsfunktionäre traf sich so eine Großzahl an Deutschen und deutsch-Österreichischen Vertretern am 28. Januar 1900 zu eben jener Versammlung, auf welcher der DFB gegründet werden sollte.

Eine Anekdote aus der damaligen Zeit besagt, dass die Gründung nur so schnell gelang, da sich die Männer nach einer etwa zweistündigen Debatte hungrig geredet hatten und so stellte der Frankfurter Albert Wamser mit der eindeutigen Begründung – "das Mittagessen wartet" – den Antrag auf "Gründung eines allgemeinen deutschen Fußballverbandes durch die heutige Versammlung". Mit 64:22 Stimmen wurde der Antrag angenommen und der DFB kam rechtzeitig zum Mittagessen auf die Welt.

So war es auch recht passend, dass ein Leipziger Verein die erste deutsche Meisterschaft gewinnen konnte. Der 1893 gegründete VfB Leipzig, welcher als ein Vorgängerverein des heutigen 1. FC Lok gilt, gewann in der Saison 1902/1903 das erstmals vom DFB ausgetragene Finalturnier. Die Blau-Weißen siegten im Endspiel in Altona gegen den DFC Prag mit 7:2.

Leipzig ist somit einer der zentralen Punkte von welchem aus die unglaublich rasante Entwicklung im deutschen Fußball ausging. Daher ist es auch kein Wunder, dass das berühmteste Leipziger Fußballrund mit dem Namen Zentralstadion getauft wurde. Das Zentralstadion war ein gigantisches Bauwerk, welches aus den Trümmern des zweiten Weltkrieges errichtet wurde und 1956 erstmals seine Tore öffnete. Im September desselben Jahres stellte das Monument den bis heute anhaltenden deutschen Zuschauerrekord bei einem Ligaspiel auf, das Leipziger Stadtderby zwischen dem SC Rotation Leipzig und der SC Lokomotive Leipzig zählte mehr als 100.000 Besucher. Bei einem Qualifikationsspiel zur Weltmeisterschaft zwischen der DDR und der Tschechoslowakei sollen es im Oktober 1957 sogar unglaubliche 110.000 Zuschauer gewesen sein, die das Zentralstadion zum Beben brachten.

Lange Zeit war die aus historischer Sicht wertvolle Fußballstadt Leipzig von der Fußballlandkarte mehr oder weniger verschwunden. Nach dem Niedergang der DDR taten sich die beiden Leipziger Traditionsclubs Chemie und Lok extrem schwer im deutschen Oberhaus Fuß zu. Doch im Jahr 2009 machte sich ein Unternehmen aus Fuschl am See auf die Suche nach einem geeigneten Standort, um dort einen Fußballverein aufzukaufen und das Unternehmensprodukt möglichst hochklassig zu bewerben. Schnell war klar, Leipzig war der perfekte Standort für dieses Projekt, die Stadt und die Region lechzten nach Profifußball. So kaufte sich besagtes Unternehmen beim Leipziger Oberligisten SSV Markranstädt ein und konnte somit das Projekt direkt von der fünften Liga aus starten.

Gut 13 Jahre später ist das Projekt aus Sicht der Macher ein voller Erfolg. RB Leipzig stieg in sieben Jahren zunächst viermal auf und schaffte es so bis in das deutsche Oberhaus. In der Bundesliga qualifizierten sich die selbsternannten "Roten Bullen" bereits viermal für die Königsklasse. Auch in dieser Spielzeit könnten sich die Leipziger erneut für die Champions League qualifizieren und das trotz einer größeren Umstrukturierung der Mannschaft zu Saisonbeginn. Nach einem holprigen Saisonstart unter dem Nagelsmann-Nachfolger Jesse Marsch zog RB noch vor dem 15. Spieltach die Reißleine und verpflichtete mit Domenico Tedesco einen altbekannten Fußballehrer aus der Bundesliga.  

Unter dem Deutsch-Italiener holte RB in den folgenden 19 Bundesligaspielen im Schnitt über zwei Punkte und konnte sich so wieder an die Königsklasse heranpirschen. Außerhalb der Bundesliga lief es für die "Bullen" noch besser, im DFB-Pokal setzte sich Leipzig erst kürzlich mit einem 2:1-Heimsieg gegen Union Berlin durch und steht somit zum dritten Mal in ihrer jungen Geschichte im Finale. Im Europapokal brachte es die Tedesco-Truppe nach dem aus in der Champions League Gruppenphase bis in das Halbfinale, dort war allerdings gegen die Glasgow Rangers Endstation. Damit hat RB nach Anfangsschwierigkeiten eine beeindruckende Leistung auf das Packet gezaubert und könnte diese mit dem ersten Titel am 21. Mai im Pokalfinale gegen den SC Freiburg krönen.

Ein Zentralstadion mit über 100.000 begeisterten Fußballfans und einen Platz im Herzen eines Fußballromantikers wird das österreichische Werbeprojekt trotzdem nie füllen können.

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