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A bisserl Arminia

Misha schreibt aus Wien in diesem Blog über das Dasein als Fan, den Verein, die Liebe zu Arminia, das besonders sein, wenn man eben von hier wech ist und dann wirklich wech ist und wie das Ganze so in Wien aussieht, da wo er nun lebt, auch wenn sein Herz nie von diesem Verein wech gehen wird.

"Beschäftigt man sich gedanklich mit Fußball, denkt man vermutlich noch eher an meine Heimat Gibraltar, bevor einem Österreich in den Sinn kommt. Zumindest in Österreich selbst ist das so – so schien es mir, als ich vor zehn Jahren nach Wien zog. Mein Ersteindruck: Wer bei Fußball an Österreich dachte, interessierte sich vermutlich nicht sonderlich für Fußball. 

Das ist hier kein Einzelfall. Österreich ist Wintersportnation, Wintersport ist Nationalheiligtum und genießt in der Triage Priorität, noch vor der Gesundheit der Bevölkerung, wie man seit Ischgl, dem "europäischen Wuhan" weiß. So ist der österreichische Karl Lauterbach ein sogenannter "Seilbahn-Chef" (ich stelle ihn mir als eine Art Jimmy Hoffa der Sessellifte vor), der von Medien gefühlt häufiger zum Thema Covid befragt wird als Virolog*innen und Gesundheitsexpert*innen zusammen. Wen man zum Beispiel nicht befragt hat: Toni Polster.

Toni Polster und Andy Herzog – das waren die großen österreichischen Namen in meiner Jugend. Und dann kam lange Zeit nichts. Bis ungefähr zur EURO 2008. Seitdem gehört es für jeden Bundesliga-Club zum guten Ton, mindestens einen Österreicher zu haben. Nicht ohne Grund: Österreichische Profis genießen zurecht einen ausgezeichneten Ruf. 

Was sich bislang leider nicht eins zu eins in der Nationalmannschaft widerspiegelte. Trotz des Pools an Talenten konnte das ÖFB-Team bisher keine großen Erfolge einfahren. Unerklärlich, ehrlich gesagt, müsste man mit dem Kader doch eigentlich regelmäßig mindestens auf Augenhöhe mit der Schweiz spielen. Es erinnert mich zuweilen an die englische Mannschaft der 2000er, die es trotz der ganzen Rooneys, Beckhams, Terrys und Lampards bei Turnieren traditionell mit der Prüfungsangst zu tun bekam.

Vielleicht ist es auch selbstverschuldet. Schließlich hat man es bislang versäumt, unseren Käptn Manuel Prietl trotz jahrelanger konstanter Leistungen in die österreichische Elf zu berufen. Verdient hätte er es. Unser dienstältester Ösi gehört definitiv zu unseren Leistungsträgern.

Über einen Mangel an tollen Österreichern konnten wir uns in Bielefeld zuletzt wahrlich nicht beklagen. Vom leider viel zu kurzen Gastspiel eines Konstantin Kerschbaumer bis hin zu unserem aktuellen Juwel, Golden Boy Patrick Wimmer – dees daugd ma, wie man hier sagt. "Das taugt mir", so bringt man hier zum Ausdruck, dass einem etwas gefällt. Das taugen hat in diesem Kontext – ganz undeutsch – wenig mit Leistung oder Funktionstüchtigkeit zu tun, dafür sehr viel mit Behagen. Und ja, die deutsch-österreichische Freundschaft in Arminias Reihen taugt mir sehr.

Das ist auch österreichischen Fußballfans nicht verborgen geblieben. Natürlich verfolgen diese auch die österreichische Bundesliga, aber zumindest in meinem Bekanntenkreis haben fast alle vor allem einen deutschen Lieblingsverein. Ganz vorn dabei: Der FC Bayern. Aber auch für die Arminia hat man Sympathien übrig. Underdogs kommen hier gut an, das taugt der österreichischen Seele. Man gönnt und wünscht hier den Bielefeldern den Klassenerhalt. 

Und außerhalb der Fußballbubble? Da ist die Stadt Bielefeld natürlich so gut wie jedem ein Begriff – aber Arminia? In Wien vermutet der gemeine fußball-unaffine Mensch hinter dem Namen Arminia zuallererst eine Burschenschaft, die man nicht mit einer Mannschaft verwechseln sollte. Hier ist noch viel kostenlose Bildungsarbeit nötig, aber das mach ich gern, soviel ist sicher.

Apropos sicher: Dass der Abstieg im Winter alles andere als sicher war, haben wir auch unseren Österreichern zu verdanken. Allen voran Patrick Wimmer sowie der aus Salzburg transferierte Masaya Okugawa sorgten in Kombination und einzeln dafür, dass ein Heimsieg gegen Fürth ein weiterer Baustein in einer hoffentlich erfolgreichen Aufholjagd zum Klassenerhalt werden könnte. Das würde mir taugen."


Geboren auf Gibraltar (Das sind ne Menge in die Wiege gelegte Groundhoppingpunkte) und zwar in dem Jahr, in dem unser DSC das allererste Mal überhaupt in der 1. Bundesliga war - 1971 - und mit kleinen Unterbrechungen auch immer noch ist. Drei Jahre später zog der Junge Bub dann nach Bielefeld und verlor sein Herz, seine Leidenschaft und manchmal auch sein Blutdruck an die Blauen.

Misha Verollet ist Exil-Bielefelder in Wien. Er lebt seit 2012 in der österreichischen Hauptstadt, wo er als Werbestratege arbeitet. Wenn er nicht gerade auf Sky jedes Spiel der Arminia verfolgt, produziert er unter anderem als FUTURE NIGHTMARES LoFi Beats und Ambient Musik. Twitter: @ftrnghtmrs

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