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DSC Arminia Bielefeld
Profis

„Das ist für alle eine intensive Zeit“

Hygiene wird beim DSC Arminia Bielefeld in Pandemiezeiten besonders groß geschrieben. Denn nicht zuletzt dank des erfolgreichen medizinisch-hygienischen Konzepts der DFL Deutsche Fußball Liga kann der deutsche Profifußball den Spielbetrieb weiterführen. Ein wichtiger Faktor im Konzept der „Taks Force Sportmedizin/Sonderspielbetrieb“ ist die Rolle des Hygienebeauftragten, den jeder Club stellen muss. Beim DSC Arminia Bielefeld hat Dr. Tim Niedergassel, Arzt für Allgemeinmedizin, Innere Medizin und Gastroenterologie im MVZ Medicum Brake, diese Aufgabe seit 2020 übernommen. Seit 2015 ist Dr. Niedergassel auch im Team der Arminia-Mannschaftsärzte aktiv. Wir sprachen mit ihm.

Wie ist Ihre Meinung zu dem Hygienekonzept der DFL?

Wir sind total dankbar, dass wir dieses Konzept haben und umsetzen können. Es war einer der Grundsteine, um mit dem professionellen Sport weitermachen zu dürfen. Unser Konzept ist in vielen Bereichen bundesweit umgesetzt worden. Mittlerweile sind wir bei der Version 4.1, angepasst an Inzidenzwerte. Leider gehen die Inzidenzwerte momentan wieder so hoch, dass wir keine Chance auf Zuschauer haben. Das hätten sich alle natürlich nach dem Aufstieg sehr gewünscht.

Reichen die Maßnahmen aus Ihrer Sicht aus?

Bei Arminia haben wir uns frühzeitig Gedanken gemacht, ob wir die Vorgaben darüber hinaus noch verschärfen müssen und haben dies auch schon getan. Zwei PCR-Tests wöchentlich reichen für uns nicht aus. Wir haben seit Februar dieses Jahres täglich Antigen-Schnelltests durchgeführt. Man könnte auch sagen, wir sind Trendsetter, was die DFL angeht. Diese hat das tägliche Testen dann für das generelle Konzept übernommen.

Wie sehen die verschärften Maßnahmen aus?

Wir führen nun täglich einen direkten Nukleinsäure-Nachweis über PoC, Point-of-Care-Tests, durch. Zudem hat der Verein investiert, weil wir uns sicher sind, dass Ausfälle und die damit einhergehenden Konsequenzen sehr schwerwiegend wären. Wir haben in Absprache mit dem Bielefelder Gesundheitsamt in die Räumlichkeiten investiert, haben die Kabinen und Mannschaftsräume vergrößert, eine zusätzliche Containerlandschaft aufgebaut, damit die Abstände im Gebäude am Trainingsgelände definitiv eingehalten werden können. Zusätzlich werden innen auch permanent FFP2-Masken getragen. Das Ziel war und ist ganz klar, ohne weitere Infektionen und eine drohende Mannschafts-Quarantäne durch die Saison zu kommen.

Wie sieht der Ablauf dabei aus?

Zweimal pro Woche machen wir einen PCR-Test für die DFL. Einer davon wird 24 Stunden vor dem Spiel durchgeführt. Ich muss bis 10 Uhr am Spieltag schriftlich versichern, dass alle Spieler PCR negativ sind. Unsere täglichen Nukleinsäure-Nachweise laufen so ab, dass die Spieler zwei Stunden vor dem Training eintreffen. Die Tests sind dann minutiös geplant. Grüppchenbildung wird somit vermieden. Nach je 15 Minuten sind die PoC-Schnelltest-Ergebnisse da und es kann ins Training gestartet werden.

Das sind Maßnahmen, die der Verein im Trainingsalltag und vor Heimspielen direkt umsetzen kann. Wie sieht es bei Auswärtsspielen aus?

Das bedeutet natürlich einen enorm hohen Aufwand, wenn wir auswärts spielen – sowohl im Bus als auch im Flugzeug schaffen wir den benötigten Abstand und fahren zum Beispiel mit zwei Mannschaftsbussen oder lassen im Flieger Reihen frei, zusätzlich zu der Maskenpflicht, um mögliche Kontakte zu minimieren.

Wie sieht es bei den Unterkünften aus?

Auch für die Hotels hat sich einiges geändert. Hotels können sich extra über das DFL-Hygienekonzept qualifizieren und müssen entsprechende Nachweise liefern. Dazu zählen zum Beispiel, dass das Essen nicht in Buffetform angeboten wird, dass keine Hotelangestellten auf den Fluren angetroffen werden, teilweise werden die Hotels oder mindestens Etagen exklusiv für die Mannschaften zur Verfügung gestellt. Auch die Spieler müssen sich voneinander fernhalten. Insgesamt ist es ein gigantischer Aufwand, der natürlich auch wirtschaftlich zu Buche schlägt und so vorher noch nicht gekannt war.

Sind Corona-Fälle in anderen Vereinen Thema in der Mannschaft?

Auf jeden Fall. Wir haben immer wieder kurze Meetings aus dem Medizinteam mit der Mannschaft, um zu sensibilisieren. Nur durch die Einhaltung der Maßnahmen und durch Vermeidung von Quarantäne-Fällen ist für alle Beteiligten klar, dass wir unsere sportlichen Chancen nutzen können. Diese Situation und die Bedeutung dessen vermitteln wir den Spielern immer wieder. Wir sind auch wirtschaftlich darauf angewiesen, dass wir die Saison mit 34 Spieltagen zu Ende spielen. Jeder fehlende Spieltag würde uns hart treffen.

Sie haben gerade das Medizinteam angesprochen. Wie funktionieren Physiobehandlungen aktuell?

Auch das ist im Konzept der DFL vorgeschrieben. Die Behandlungen werden auf die verletzten Spieler reduziert, maximal vorbeugende Behandlungen sind erlaubt. Dabei tragen die Physiotherapeuten und Spieler FFP2-Masken und arbeiten mit Handschuhen. Auf die beliebten wohltuenden Massagen zur Regeneration wird verzichtet.

Insgesamt sicher keine leichte Situation für die Sportler.

Definitiv nicht. Ich möchte an dieser Stelle ein großes Kompliment an die Mannschaft aussprechen. Alle Spieler befinden sich mittlerweile seit fast einem Jahr in einer Arbeitsquarantäne. Sie dürfen trainieren, spielen und in der Zwischenzeit sollen sie sich möglichst nur zuhause aufhalten. Dies wird natürlich auch von Familien, Ehepartnern und Partnerinnen gefordert. Das ist für alle eine intensive Zeit.

Ist das Long-COVID-Risiko ein Thema bei Ihnen?

Absolut. Darüber sprechen wir mit den Jungs. Eine Verminderung von nur 10 bis 15 Prozent des Lungenvolumens kann eine Karriere zerstören. Ein Spieler, der zuvor an COVID erkrankt war, wird erst intensiv untersucht, bevor er überhaupt wieder ins Training starten kann. Dazu zählen Blutabnahme, Lungenfunktions- und weitere Tests.

Andere Vereine liefern im Falle einer Mannschaftsquarantäne Fitnessgeräte nach Hause und organisieren digitale Trainings. Gibt es einen Notfallplan?

Wir haben einen Notfallplan, von dem ich hoffe, dass wir ihn nie brauchen werden!

Gibt es noch zusätzliche Maßnahmen, die unternommen werden können, um Sport im Freien mit Kontakten sicherer zu machen?

Wir setzen bei Arminia auf eine medizinische Mund- und Rachenspülung. Aus meiner Sicht ist es absolut sinnvoll, um die Viruslast zu reduzieren. Und zwar genau da, wo sich das Virus einnistet: In Mund und Rachen. Je geringer die Viruslast im Mund- und Rachenraum ist, desto geringer ist auch die Wahrscheinlichkeit diese auf andere zu übertragen! Entsprechende Ergebnisse bestätigt auch eine klinische Studie, die zeigt, dass die Viruslast bei an COVID-19 erkrankten Patienten signifikant gesenkt werden konnte. Auch Experten vom Paul-Ehrlich-Institut und führende Klinikhygieniker sprechen sich für die Verringerung der Viruslast aus. Die geringen Kontaktzeiten auf dem Platz können durch Gurgeln noch dahingehend unterstützt werden, dass eine Übertragung sehr unwahrscheinlich wird.

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